Nordfriesland historisch: Schobüll, Hattstedt, die Geest und der Dichter

Entdecken Sie die geheimnisvolle Vergangenheit Nordfrieslands: Zwischen den Hügeln von Schobüll und den Geschichten des Dichters. Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt von Schleswig-Holstein, die mehr zu bieten hat als nur flaches Land. Lesen Sie von Theodor Storms besonderer Verbindung zu Hattstedt und den verborgenen Schätzen der Region. Ein Blick in die Geschichte, die Landschaft und die Literatur erwartet Sie.

Die faszinierende Geschichte Nordfrieslands beginnt mit einer sanften Brise, die über die weite Heide weht und den Schleier der Vergangenheit lüftet. Zwischen den sanften Hügeln von Schobüll und den lebendigen Geheimnissen des“Schobüller Waldes“ verbirgt sich eine Erzählung vergangener Zeiten und eines Dichters, dessen Herz für Hattstedt schlug.

Schobüll, Hattstedt, die Geest und der Dichter

Viele Menschen denken, dass Schleswig-Holstein nur flaches Land ist. Doch das ist ein Irrtum. Selbst am Rande der Marsch,

genauer gesagt in Schobüll bei Husum, gibt es Erhebungen und interessante Geschichten. Einer dieser Orte ist der „Schobüller Berg“, einer der höchsten Punkte an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste mit einer Höhe von 31 Metern über dem Meeresspiegel.

Der „Schobüller Berg“ ist bewaldet und wird „Schobüller Wald“ genannt. Am Rande dieses Waldes finden sich fünf Grabhügel, von denen einer auf einem Foto zu sehen ist. Diese Hügel liegen meist auf natürlichen Anhöhen und prägen seit Jahrtausenden die Landschaft Norddeutschlands.

Besonders in der älteren Bronzezeit (zwischen 1.500 und 1.200 v. Chr.) war es üblich, Verstorbene in aufwändigen Hügelgräbern beizusetzen. Männer wurden mit Bronzeschwertern, Lanzen und Beilen begraben, während Frauenbronzenen Schmuck wie Halsketten, Armreifen oder Gürtelschnallen erhielten.

Die Toten wurden in ihrer Kleidung und mit ihren Beigaben in ausgehöhlten Baumsärgen bestattet, die oft von einer Steinpackung geschützt waren. Darüber wurden Rasen- und Heidesoden zu einem Hügel aufgeschichtet, und derHügelfuß wurde oft von einem Steinkranz umgeben.

Storm und sein besonderes Verhältnis zu Hattstedt

Theodor Storm, ein bekannter Dichter, hatte eine besondere Beziehung zu Hattstedt. Er wurde 1817 in Husum geboren und starb 1888 in Hanerau-Hademarschen. Während eines Spaziergangs zwischen Hattstedt und Schobüll im Jahr 1848 wurde er von diesem Ort zu seinem Gedicht „Abseits“ inspiriert. In dem Gedicht beschreibt er die Ruhe und Schönheit der Landschaft.

Es ist so still; die Heide liegt
Im warmen Mittagssonnenstrahle,
Ein rosenroter Schimmer fliegt
Um ihre alten Gräbermale;
Die Kräuter blühn; der Heideduft
Steigt in die blaue Sommerluft.

Laufkäfer hasten durchs Gesträuch
In ihren goldnen Panzerröckchen,
Die Bienen hängen Zweig um Zweig
Sich an der Edelheide Glöckchen,
Die Vögel schwirren aus dem Kraut –
Die Luft ist voller Lerchenlaut.

Ein halbverfallen niedrig Haus
Steht einsam hier und sonnbeschienen;
Der Kätner lehnt zur Tür hinaus,
Behaglich blinzelnd nach den Bienen;
Sein Junge auf dem Stein davor
Schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr.

Kaum zittert durch die Mittagsruh
Ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten;
Dem Alten fällt die Wimper zu,
Er träumt von seinen Honigernten.
– Kein Klang der aufgeregten Zeit
Drang noch in diese Einsamkeit.

Als Storm das Gedicht schrieb, befand sich Deutschland in einer aufregenden Zeit. Die sogenannte „Schleswig-Holsteinische Erhebung“ begann, ein politischer und militärischer Konflikt zwischen der deutschen Nationalbewegung inden Herzogtümern Schleswig und Holstein und dem Königreich Dänemark, der von den meisten Staaten des DeutschenBundes unterstützt wurde. Der Konflikt dauerte von 1848 bis 1851.

Storm engagierte sich während der Schleswig-Holsteinischen Erhebung gegen die dänische Herrschaft. Auch nach dem Friedensschluss von 1850 zwischen Dänemark und Preußen blieb Storm Dänemark gegenüber feindselig eingestellt. Ausdiesem Grund wurde ihm 1852 die Anwaltszulassung entzogen. Erst nach der Niederlage Dänemarks im Deutsch-Dänischen Krieg kehrte Storm 1864 nach Husum zurück.

Doch zurück zur besonderen Verbundenheit zwischen Hattstedt und Theodor Storm: Die Novelle „Der Schimmelreiter“ von Theodor Storm spielt in der Gegend um Hattstedt und spiegelt die Bodenständigkeit und die Gegebenheiten von Land und Leuten in dieser Region wider. Storm war oft in Hattstedt zu Gast, und der Sohn des Hattstedter Pastors besuchte gemeinsam mit ihm die Gelehrtenschule in Husum.

Doch zurück zur besondere Verbundenheit zwischen Hattstedt und Theodor Storm: Storms besondere Verbundenheit zu Hattstedt findet sich in verschiedenen Werken des Dichters wieder. Zum Beispielkönnte der Kirchturm von Hattstedt in der Erzählung „Aquis submersus“ als Vorbild gedient haben. Auch in „Der Schimmelreiter“ und dem Fragment „Die Armesünderglocke“ sollen Beschreibungen auf Hattstedt basieren.

Die Beziehung zwischen Storm und Hattstedt wurde auch durch persönliche Erlebnisse des Dichters geprägt. So heiratete Storm im Juni 1866 seine zweite Frau Dorothea in Hattstedt. Die Hochzeit fand jedoch nicht in der Kirche, sondern aufdem Grundstück Lindenweg 1 unter den sogenannten „Storm-Linden“ statt. Diese Bäume stehen dort noch heute.

Es lohnt sich also, Hattstedt zu besuchen und die Spuren von Theodor Storm in dieser besonderen Gegend zu entdecken.

Eine Anekdote:

Im Jahr 1897 bereiste der deutsche Fahrradpionier und Radsportfunktionär Gregers Christian Nissen Schleswig-Holstein in mehreren Etappen. In seiner Reportage schrieb er über Hattstedt:

Nördlich von Husum liegt auf einer Anhöhe das Dorf Hattstedt. Von der Spitze des Turms hat man einen prächtigen Blick auf das Wattenmeer und die Halligen (kleine un-gedeichte Inseln). Infolge seiner günstigen Lage wurde der Turm auch als Leuchtturm verwandt.

Quelle: Von Hamburg auf dem Rade nordwärts. Nachdruck der Original-Ausgabe von 1897. Hamburg 1979

Mehr über Gregers Christian Nissen finden Sie in diesem Blogbeitrag:

4 Kommentare zu „Nordfriesland historisch: Schobüll, Hattstedt, die Geest und der Dichter“

Hinterlasse einen Kommentar