Wie die Eisenbahn 1848 die Schleswig-Holsteinische Erhebung unterstützte

Am 24. März 1848 erlebte die junge Eisenbahn im Herzogtum Schleswig eine historische Premiere: Eine Gruppe schleswig-holsteinischer Politiker, Soldaten und Freiwilliger nutzte die Bahn, um von Kiel aus direkt in die Festung Rendsburg einzufahren und die Garnison auf ihre Seite zu ziehen. Dieser Einsatz der Eisenbahn zu politisch-militärischen Zwecken gilt als einer der ersten seiner Art in Europa.

Wir schreiben den 24. März 1848: Das Herzogtum Schleswig gehörte damals noch zum dänischen Gesamtstaat, doch die Stimmung in der Region war aufgeheizt. Die Schleswig-Holsteinische Erhebung hatte begonnen, bei der die Bevölkerung mehr Autonomie und Unabhängigkeit vom Königreich Dänemark forderte. Die Erfindung der Eisenbahn sollte dabei eine Rolle spielen.

Werfen wir einen Blick zurück: Im Dezember 1835 „brauste“ mit fast unvorstellbaren 24 Kilometern pro Stunde die erste Bahn in Deutschland von Nürnberg nach Fürth, 1844 war es schließlich auch im Herzogtum Holstein so weit. Drei Jahre später, am 24. März 1848, kommt es dann zu dem angedeuteten Ereignis.

An diesem Tag nutzten schleswig-holsteinische Politiker, Soldaten und Freiwillige die junge Eisenbahn, um von Kiel aus direkt in die Festung Rendsburg (der größten dänischen Garnison auf der jütischen Halbinsel) einzufahren. Ihr Ziel: Die Garnison in Rendsburg dazu zu bringen, sich auf die Seite der Erhebung zu stellen.  Die Aufständischen nutzten den Zug am 24. März 1848 wie eine Art „trojanisches Pferd“. Und tatsächlich gelang es ihnen, die Festung für die Sache der Schleswig-Holsteiner zu gewinnen.

Dieser Einsatz der Eisenbahn zu politisch-militärischen Zwecken darf somit als einer der ersten seiner Art in Europa gezählt werden. Die Bahn erwies sich damit als wichtiges Instrument im Kampf um mehr Autonomie und Unabhängigkeit. Ihre Mobilität und Reichweite ermöglichten es den Aufständischen, schnell und effektiv Truppen und Unterstützer zu verlegen – ein Vorteil, der die weitere Entwicklung der Schleswig-Holsteinischen Erhebung entscheidend prägen sollte.

Eisenbahn = „Modsches Düvelstüch“ (neumodischen Teufelszeug)

Übrigens, … das „mächtigste Verkehrsmittel“ der Herzogtümer wurde anfangs, wie so oft bei Innovationen, mächtig kritisiert. Ärzte gaben die „unerhörten Geschwindigkeiten“ (bis zu 40 kmh!) zu Bedenken. Das mache die Menschen krank und führe gar zu einem „Delirium furiosum (1)“.

Während Pferd und Wagen zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch einen Tag auf sandigen und matschigen Wegen zwischen Altona und Kiel benötigen, verkürzt sich die Reise nach dem Bau der befestigten Kunststraße 1832 auf neun Stunden. Die Fahrt mit der Eisenbahn hingegen dauert nur zwei Stunden.

„Ohne Peer? Allns Lögens!“

Ein Tatsache, die die holsteinischen Bauern ungläubig mit einer verächtlicher Handbewegung abtun: „Ohne Peer? Allns Lögens!“ („Ohne Pferde? Alles Lügen!“) Im ländlichen Schleswig-Holstein braucht alles seinen geordneten Gang. Jede Veränderung wird kritisch beäugt und nicht alle Bewohner sind begeistert von die modschen Düvelstüch“ (neumodischen Teufelszeug). So entstanden so manche Geschichten und Anekdoten über die Angst vor der Technik.

Quellen / Weiterführende Informationen

Vogler, Norderstedt 2021

Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte „Eisenbahn

(1) Tobsucht, früher auch „Hirnwut“ (zu „Wut“) genannt, ehemals auch Delirium furibundumDelirium furiosum und Furor maniacus, ist ein veralteter medizinischer Begriff für eine psychische Störung, meist im Sinne einer Manie, die durch hochgradige Erregung und deren nachfolgende, oft aggressiv gefärbte Entladung gekennzeichnet ist. Ein tobsüchtiger Mensch wurde früher auch als „hirnwütig“ bezeichnet.

Beitragsbild: Militärische Nutzung: deutscher Truppentransport 1914

Hinterlasse einen Kommentar